Den Start macht der Pixum Super Cup 2023: Mit dem Duell zwischen Meister THW Kiel und Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen, also dem Auftaktspiel der Handball-Bundesliga der Männer, wird die Streaming-Plattform Dyn am 23. August ihren Einstand geben. Dann liegen rund 20 Monate Vorbereitungszeit hinter dem Format, und dann dürfte sich auch mehr oder weniger schnell zeigen, ob Dyn zu einem Erfolgsmodell werden wird. Denn die Plattform bietet eine ganze Menge. Aber Fußball, und damit die absolute Nummer eins im deutschen Sport, bietet sie eben nicht.
Das könnte auch daran liegen, dass Gründer und Gesellschafter Christian Seifert, neben Andreas Heyden (CEO) und Marcel Wontorra (COO) in der Dyn-Geschäftsführung, einst als Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) so erfolgreiche Arbeit geleistet hatte: Unter Seifert stiegen die Erträge aus den TV-Rechten der 1. und 2. Bundesliga von 300 Millionen (2005) auf über eine Milliarde 2021, in der letzten Saison des laufenden Vertrages (2024/25) werden es 1,21 Milliarden sein. In solche Sphären dringt ein Start-up selbst dann nicht vor, wenn es wie Dyn mit Axel Springer einen starken Partner an der Seite hat.
Beim Neueinsteiger gibt man sich wenig überraschend überzeugt von einem erfolgreichen Verlauf der kommenden Jahre und deutet den Mangel an Fußball in eine Chance für die anderen Sportarten um. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden alle Kraft investieren, damit unsere Partnerligen abseits des Profifußballs in Deutschlands den Stellenwert bekommen, den sie verdienen“, betont Heyden.
Die Dyn-Partner, das sind insgesamt fünf Sportarten mit verschiedenen Spielklassen: Basketball, Handball, Hockey, Volleyball und Tischtennis. Über 2000 Spiele sollen in der kommenden Saison übertragen werden, auf die Smart-TVs ebenso wie auf Mobilgeräte oder den PC. Wer das Frühbucher-Angebot zu 10,50 Euro/Monat bis Ende Juli verpasst hat, zahlt nun monatlich 12,50 Euro im Jahres-Abo oder 14,50 Euro in der monatlich kündbaren Variante.
Für Dyn ist also nahezu jener Betrag zu leisten, der als Durchschnittswert gilt. Laut dem Digitalverband Bitkom geben die Deutschen derzeit im Schnitt 15,70 Euro im Monat aus – und damit deutlich weniger als noch vor einem Jahr (17,90 Euro). Nach den ertragreichen Corona-Jahren ist der Markt also rückläufig. Das merken sie gerade auch bei Sky und DAZN. Die Pay-TV-Anbieter sind auf dem eigentlich lukrativen Fußballmarkt aktiv, können mit ihrem Geschäft aber nicht zufrieden sein.
Der Einstieg dürfte für Dyn also mit einer Herausforderung verbunden sein. Insider schätzen, dass das Start-up wohl schon ein paar hunderttausend Menschen für sein Produkt gewinnen sollte, um eine Chance am Markt zu haben. Die rund 150 festangestellten und freiberuflichen Mitarbeiter müssen schließlich bezahlt werden, und ganz nebenbei sind auch die Rechte an den Sportarten aus der zweiten Reihe nicht unbedingt billig: Allein für die Rechte am Handball und Basketball für die kommenden sechs Jahre zahlte Dyn rund 100 Millionen Euro. An Ideen, die Plattform trotz der schwierigen Ausgangslage in die Erfolgsspur zu führen, mangelt es den Verantwortlichen aber offenbar nicht (Dyn-Screenshots: sj)
So wird bei den Übertragungen der zahlreichen Spiele überwiegend auf die kostensparende Remote-Technik zurückgegriffen. Dabei liefern auch durch Künstliche Intelligenz gesteuerte Kameras die Bilder in die Dyn-Standorte in Köln und München, wo die eigentliche Produktion stattfindet. „Es wird neue Kamera-Blickwinkel und ungewöhnliche Erzählformate geben, bei denen neben dem Live-Erlebnis vom Spielfeld der Sport und die Spieler im Mittelpunkt stehen“, sagt Heyden. Damit werde man „die mediale Produktion auf ein neues Level heben“.
Den Zugang zu den zahlreichen Bildern aus den Hallen des Landes möchte Dyn daneben auch der eigentlichen Konkurrenz ermöglichen. So wurde mit SportA, der gemeinsamen Sportrechteagentur von ARD und ZDF, ein „langfristiger Sublizenzvertrag“ geschlossen. Er ermöglicht den TV-Anstalten die Berichterstattung aus den „Dyn-Ligen“ und sieht zudem diverse Live-Übertragungen vor. „Durch die Vereinbarung mit SportA schaffen wir die Voraussetzung für noch mehr mediale Präsenz unserer Partnerligen in den öffentlich-rechtlichen Medien“, so Seifert. Der Dyn-Gründer hält es für ein „großartiges Zeichen“, dass ARD und ZDF gemeinsam mit Dyn für mehr Wahrnehmung und Wertschätzung der betreffenden Sportarten sorgen.
Eine langjährige Partnerschaft wurde zudem mit Sky geschlossen: Die App von Dyn wird auch auf dem Sky-Q-Receiver bereitgestellt. Mit dieser Kooperation schielt Dyn offenkundig vor allem auf die Fans der Handball-Bundesliga, die bislang bei Sky gezeigt wurde. Daneben wurden sich die Verantwortlichen auch mit der Telekom einig: Dyn soll auch auf Magenta TV erscheinen. Zuvor war dieses Portal beim Werben um die Rechte der Ligen noch als Gegenspieler aufgetreten. Dabei entschieden sich die Basketballer für Dyn, während Magenta in der ebenfalls begehrten Deutsche Einhockey Liga (DEL) einen anderen langjährigen Partner weiterhin an sich binden konnte.
Den Verlagshäusern des Landes unterbreitet der neue Streamingdienst schließlich ein Angebot: Gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr sollen sie Videos ihrer lokalen Klubs erhalten. Bereits im Boot von „Dyn Media Network“: die Funke Mediengruppe und die Südwestdeutsche Medienholding, unter anderen mit der Süddeutschen Zeitung am Markt.
Seinen eigenen Nutzern verspricht Dyn mehr als nur die Bilder von den Spielen. Neben Inhalten in den öffentlichen Netzwerken sollen auch einige Magazine an den Wochentagen für Infotainment in den einzelnen Sportarten sorgen. Überwiegend am Dienstag werden die Spieltage aufgearbeitet, jeweils begleitet von einigen Experten wie Stefan Kretzschmar und Pascal Hens (beide Handball) sowie Moritz Fürste (Hockey). Daneben plant Dyn diverse Formate, unter anderen „Gametime“. Es begleitet Sportler und Sportlerinnen einen Tag lang und soll sie auf diese Weise ihren Fans näher bringen.
Für den neuen Anbieter von Sport jenseits des Fußballs gilt der 23. August als Tag der Tage. Aber von Dyn soll es auch danach noch eine Menge zu sehen geben. Und eines steht wohl fest: Es liegt eine sehr spannende Zeit vor dem Start-up.
Stefan Freye ist 1. Vorsitzender des Vereins Bremer Sportjournalisten. Er arbeitet als Freelancer von der Hansestadt aus. Hier geht es zu Freyes LinkedIn-Account.