Verband gegen Magazin im Volleyball

Verhärtete Fronten

03.07.2023

Ein Streit zwischen dem Deutschen Volleyball-Verband und dem Volleyball Magazin eskaliert. Beide Seiten erheben Vorwürfe. Von Marcel Grzanna

 

Der deutsche Volleyball fristet ein Nischendasein unter den Ballsportarten. Das einzige Medium mit bundesweiter Reichweite, das regelmäßig über die Sportart berichtet, ist das Volleyball Magazin (VM). Das Jahresabo mit zwölf Ausgaben frei Haus gibt es für 66,60 Euro.

Seit 1977 hat das Magazin aus dem Münsteraner Philippka-Verlag schon zahlreiche Krisen des Verbandes aus nächster Nähe begleitet. Immer kritisch, nie anbiedernd, wie die Redaktion sagt. Die jüngste Krise im Deutschen Volleyball-Verband (DVV) ist allerdings auch für das Magazin ein Novum. Denn das VM ist einer ihrer Protagonisten.

Der Verband wirft den Journalisten "fehlende Recherche" vor. Dazu die "Verbreitung unbestätigter Gerüchte", "nachhaltig verbandsschädigende Berichterstattung", "Falschdarstellungen" und "fehlende Quellenangaben". In einem achtseitigen Schreiben an den Philippka-Verlag vom 16. Juni verlangen die DVV-Vorstandsmitglieder René Hecht und Julia Frauendorf zahlreiche Richtigstellungen und "zukünftige Anwendung ethischer Grundsätze des Journalismus". Sie drohen damit, den Deutschen Presserat einzuschalten.

Umgekehrt klagen die VM-Kollegen über eine "katastrophale Kommunikationspolitik" seitens des Verbandes. Dutzende Anfragen des Magazins seien in den vergangen Jahren nicht beantwortet worden. Bundestrainern sei es entgegen jahrelanger Praxis verboten worden, ohne das Einverständnis vom Verband mit dem VM zu sprechen. Höhepunkt der Eskalation war das Zugangsverbot für VM-Reporter Ulrich Krömer zu einer digitalen DVV-Pressekonferenz vor wenigen Wochen. (Cover: VM)

Die Fronten sind verhärtet. Ein Gesprächsangebot des Verbandes, das Ende Juni in Frankfurt geplant war, hatte der Verlag abgelehnt. Die Redaktion sieht sich als Projektionsfläche für verbandsinterne Spannungen. Ihre Berichterstattung über Interna im DVV sei "journalistisch einwandfrei" gewesen, den Verantwortlichen im DVV jedoch "massiv gegen den Strich" gegangen, sagt Felix Meininghaus, der seit 1992 Mitglied der Redaktion ist.

Unter anderem veröffentlichte das Magazin Auszüge aus einer internen E-Mail von Medien- und Marketingchefin Franziska Lange, in der diese mitteilte, der Verband verfolge "bis auf Weiteres keine Strategien für öffentliche Länderspiele mehr". Das VM beurteilte das als Beleg für die Konzeptlosigkeit der DVV-Verantwortlichen. Es berichtete über eine "toxische Organisationskultur", die von Angst geprägt sei. Es schrieb über Vermutungen, dass die Führungsetage E-Mails von Angestellten heimlich mitlesen würde und bezog sich dabei auf nicht namentlich genannte Mitarbeiter.

Von den ellenlangen Vorwürfen des DVV bliebe faktisch nur ein einziger übrig, sagt Meininghaus. Das VM hatte in seiner Juni-Ausgabe fälschlicherweise behauptet, dass dem Nachwuchskoordinator Michael Warm fristlos gekündigt worden war. Tatsächlich wurde Warms auslaufender Vertrag nicht verlängert, weil ihm vorgeworfen wurde, Interna an die Journalisten weitergegeben zu haben. "Unsere Darstellung war falsch, aber macht im Kern keinen Unterschied, dass Warm vor die Tür gesetzt wurde", sagt Meininghaus.

In anderen Fällen stehen Aussagen gegen Aussagen. Dem VDS teilte der Verband mit, er habe "niemandem einen Maulkorb verpasst". Das Volleyball Magazin veröffentliche monatlich Interviews mit Bundestrainern und Athleten. "Abseits davon erhalten wir keine Anfragen, sondern wiederholt die Aufforderung, auf schlecht recherchierte Vorwürfe einiger Kritiker einzugehen." Diesen Meinungsaustausch führe man vorzugsweise direkt und gern auch regelmäßig. "Wir verstecken uns nicht hinter einer monatlichen Ausgabe des Volleyball Magazins." (Logo: DVV)

Meininghaus dagegen sagt, dem Magazin seien jüngst Interviews mit den Bundestrainern vor dem Auftakt der Nations League verwehrt geblieben. Tatsächlich hatte die Presseabteilung Ende April eine E-Mail unter dem Betreff "Zusammenarbeit DVV & VM" verschickt, in der sie ankündigte, "unsere Bundestrainer*innen und Athlet*innen zukünftig medial stärker begleiten" zu wollen. Anfragen an die Betroffenen sollten künftig über die Pressestelle abgewickelt werden. Weiter hieß es in der E-Mail, dass man sich "von einer guten Zusammenarbeit leider weit entfernt" sehe.

Die Anweisung des Verbandes ist legitim. Ob sie auch klug ist, bezweifelt Meininghaus. "Der kurze Dienstweg zwischen Journalisten und Funktionären ist besonders für die mediale Darstellung einer Randsportart enorm wichtig." Auch im Ausschluss der VM-Redaktion von der PK im Mai sieht der DVV kein Problem. "Das Volleyball Magazin erhält alle Informationen rund um den Verband, die Teams und Mannschaften", schreibt der Verband.

"Presserechtlich ist auch das legitim", sagt der Sportrechtsanwalt Paul Lambertz aus Düsseldorf. "Der DVV genießt das Hausrecht und kann selbst entscheiden, wen er zu einer PK zulässt und wen nicht." Der Verband sei grundsätzlich nicht vergleichbar mit einer staatlichen Institution, die einzelne Journalisten nicht ausschließen darf. Selbst öffentliche Zuschüsse für den Verband durch das Bundesinnenministerium änderten nichts an dessen Status als private Einrichtung.

Belastet ist das Verhältnis zwischen DVV und VM schon seit Jahren. Früh nach Beginn der Amtszeit von Präsident René Hecht kritisierten die Journalisten den Ausverkauf des Produktes Beachvolleyball, "nachdem die Eigenvermarktung komplett gescheitert war", wie Meininghaus sagt. Im vergangenen Jahr kam es schließlich zu einem Treffen in Berlin. Doch statt sich einander anzunähern, ging der Plan nach hinten los. Gleich zu Beginn verbat sich Hecht die Anrede per du durch Meinungshaus. Dabei kennen sich die beiden seit vielen Jahren. Meininghaus hatte große Teile von Hechts glanzvoller aktiver Laufbahn mit 385 Länderspielen begleitet.

"Da war das Kind nach zwei Minuten bereits in den Brunnen gefallen", erinnert sich der damalige DVV-Finanzvorstand Bernd Janssen, der beim Gespräch dabei war. Janssen beschreibt die darauffolgende Berichterstattung des Magazins als unglücklich, sieht darin aber nicht den primären Grund für die Eskalation.

"Es gab keine Strategie im Umgang mit den Medien. Es war ein reines Zufallsprodukt. Und weil Volleyball nicht nur positive Schlagzeilen geschrieben hat in den letzten Jahren, war auch die Presse nicht immer positiv", sagt Janssen. Hecht und Franziska Lange hätten daraufhin entschieden, lieber zu schweigen.

Janssen selbst habe seine Demission zum Jahresende 2022 wegen Differenzen mit Hecht und Lange im Herbst an das VM kommentieren wollen, "um keinen Raum für Spekulationen zu lassen". Lange habe das untersagt. "Es gab ein klares Nein, nicht mehr mit dem VM zu sprechen", sagt Janssen.

Immerhin liegt ein Gesprächsangebot des DVV auf dem Tisch. Eine Richtigstellung zu den vom Verband monierten Passsagen gibt es in der aktuellen Ausgabe des VM jedoch nicht. An einer rechtlichen Auseinandersetzung scheint der Verband jedoch auch nicht interessiert zu sein. "Wir hoffen nach wie vor auf eine Richtigstellung der Falschmeldungen und einen offenen Austausch mit dem Volleyball Magazin mit dem Ziel, die Zusammenarbeit wieder aufzunehmen."

Marcel Grzanna ist Freelancer. Hier geht es zu seiner Facebookseite.