Abschied der NADA-Chefin Andrea Gotzmann

„Sport ohne Doping ist das Normale“

05.07.2023

Nach vielen Jahren an der Spitze der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland hört Dr. Andrea Gotzmann Ende Juli auf. Die scheidende NADA-Vorstandsvorsitzende blickt auf eine herausfordernde, aber sehr erfolgreiche Amtszeit zurück.

Autorin: Ulrike Spitz

Die letzten Reisen sind gemacht, die internationalen Kolleg*innen verabschiedet, und national war die Jahrespressekonferenz in Berlin im Juni der Abschluss einer intensiven Zeit. Ende Juli geht Dr. Andrea Gotzmann, die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti Doping Agentur, in Ruhestand. In ihrer zwölf Jahre dauernden Amtszeit hat sich die NADA vom Sorgenkind zum anerkannten Anti-Doping-Kompetenzzentrum entwickelt; sie hat auch international einen hervorragenden Ruf.

Dabei gab es genügend Skeptiker, als Gotzmann 2011 ihr Amt antrat. „Man hörte, dass es durchaus Wetten gab, wie lange wir beide das machen“, sagt sie heute. Gotzmann und Vorstandsmitglied Dr. Lars Mortsiefer übernahmen damals das Ruder in einer durch mehrere Personalwechsel an der Spitze und das ewige Problem mit zu wenig Geld ziemlich chaotischen Zeit (Foto Dopingkontrolle beim Fußball: sampics Photographie/Stefan Matzke/augenklick).

„Das war damals ein Scherbenhaufen“, erinnert sich Gotzmann. „Aber der Aufsichtsrat hatte sich sehr für einen wirklichen Neuanfang engagiert und eine namhafte Personalagentur mit der Suche für die Führungsposition bei der NADA beauftragt. Es war ein anspruchsvolles Verfahren, und es hat mich stolz gemacht, dass ich den Posten bekam.“

Jetzt kann sie auf spannende Jahre zurückblicken. Und auf viele gute Entwicklungen. Eine freut sie ganz besonders: „Ich empfinde eine Bewusstseinsfestigung vor allem bei den Athletinnen und Athleten“, sagt sie, „sie wollen einen dopingfreien Sport und unterstützen das System.“ Die heutigen deutschen Top-Athlet*innen seien mit der NADA groß geworden und bereit, vieles mitzutragen, was im Anti-Doping-System von ihnen verlangt werde. Und das ist nicht wenig. Zu Beginn der Pandemie haben die Athlet*innen bei der NADA dann sogar Dopingkontrollen eingefordert, nachdem Schlagzeilen wie „ein Paradies für Doper“ aufgekommen waren.

So etwas empört Andrea Gotzmann. Es bringt sie auf die Palme, wenn Menschen voller Ahnungslosigkeit mit Sprüchen kommen wie „die dopen doch alle“ und „gebt das doch einfach frei“. Das tut ihr für die Athlet*innen Leid, und genau da sieht sie die NADA in der Pflicht. „Das ist so platt und so pauschal. Das System hat viel mehr zu bieten, als diejenigen ahnen, die solche Sprüche loslassen“, sagt sie.

Gotzmann ist promovierte Biochemikerin und Sportwissenschaftlerin und weiß genau, wovon sie spricht. Schließlich war sie insgesamt 40 Jahre in der Anti-Doping-Arbeit tätig, vor ihrer NADA-Zeit war sie im Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln beschäftigt. Wenn jemand weiß, wie enorm sich die Anti-Doping-Arbeit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat, dann Andrea Gotzmann.

Hatte die NADA aufgrund des viel zu geringen Etats am Anfang nur die Kontrollen außerhalb der Wettbewerbe verantwortet, haben die Spitzenverbände nach vielen Jahren der Diskussionen auch die Wettkampfkontrollen in die Hände der NADA-Expert*innen gelegt. Auch das Ergebnismanagement wird mehr und mehr an die NADA abgegeben - viele haben mittlerweile erkannt, dass sie dadurch den automatisch auftretenden Interessenskonflikt aufgelöst haben (Gotzmann-Foto: DSHS).

Seit die NADA institutionell gefördert wird, sind zumindest die ganz großen existenziellen Sorgen Vergangenheit. Sie hatten die seit ihrer Gründung 2002 chronisch unterfinanzierte Einrichtung begleitet. „Durch die institutionelle Förderung wusste man endlich einmal über den 31.12. hinaus, dass es weitergeht. Es war bedrückend, dem Personal immer gegen Ende des Jahres sagen zu müssen, wir können das nicht finanzieren, wir wissen nicht, wie es im Januar weitergeht,“ sagt Gotzmann. Dennoch ist es ihr immer wieder gelungen, ein gutes Team zusammenzustellen. Dass die NADA sich so gut entwickelt habe, sei eine Leistung des gesamten Teams.

Auch wenn sie in Zukunft manches vermissen wird, freut sie sich doch auf die neue Zeit. Dinge tun, die bisher zu kurz gekommen sind, Familie, Freund*innen, mehr Sport, „und vielleicht habe ich irgendwann den schönsten Garten.“ Und sie will auch mal „irgendwo hinfahren und nicht nach 24 Stunden wieder zurückmüssen.“ Aber ganz wird sie das Thema gewiss nicht loslassen. Denn Andrea Gotzmann ist und bleibt überzeugt: „Sport ohne Doping ist das Normale. Und diesen Wert muss man schützen.“

Dieser Beitrag stammt aus der DOSB-PRESSE. Die Autorin Ulrike Spitz leitete viele Jahre die Kommunikation der NADA. Von 2015 bis zu ihrem Renteneintritt am 1. Dezember 2021 war die ehemalige FR-Sportchefin DOSB-Pressesprecherin.