21.08.2016
Um mit dem Positiven zu beginnen: Was Internet und Datenverbindungen angeht, haben die Organisationen der Olympischen Spiele von Rio Maßstäbe gesetzt. Sehr leistungsfähige WLAN-Netze im Pressezentrum und in den Venues erleichterten das Arbeiten ungemein. Das Einloggen funktionierte automatisch: einmal registriert und angemeldet, baute sich die Verbindung von Computer und Smartphone beim Betreten jedes Bereiches automatisch auf.
Das alles funktionierte sehr stabil und war ein kostenloser Service – genauso wie die WLAN-Netze in den Media-Transport-Bussen, dank derer so manche nervenaufreibende Fahrt verkürzt und zum Arbeiten genutzt werden konnte. Auch die erstmals angebotene Transport-App, mit der man seine Fahrten planen konnte, war eine sehr gute Idee. Allerdings erwies diese sich beim Gebrauch als noch verbesserungsfähig und war nur so viel wert wie die Pünktlichkeit der Medienbusse, die zwischen dem Hub am MPC/IBC in Barra (alle Fotos: GES-Sportfoto) und den teils weit entfernten Sportstätten in den Gebieten Deodoro, Maracana und Copacabana verkehrten.
Eine einzige Katastrophe, wie verschiedentlich zu hören war, war das Transportsystem in Rio sicher nicht. Was aber fehlte, war Verlässlichkeit. Meist fuhren die Busse zu angegebenen Abfahrtszeit, manchmal aber nicht. Oft erreichten sie ihren Zielort innerhalb der vorausgesagten Zeit, zu oft aber nicht. Und war eine Straße wegen Marathon oder Radrennen gesperrt oder staute sich der Verkehr, zeigte sich: Nicht alle Fahrer besaßen die nötige Ortskenntnis. Dafür waren einige sehr rasant unterwegs und schüttelten ihre Passagiere auf der Fahrt über alte und brandneue Straßen der Stadt ordentlich durch.
Wenige Volunteers an den entscheidenden Stellen
Erstaunlich war, wie wenige Volunteers gerade an den entscheidenden Stellen präsent waren, und erschreckend, wie wenige von ihnen Englisch sprachen. Während in Peking und London an jeder einzelnen Bushaltestelle und auch in manchen Bussen selbst freundliche Helfer bereit standen, musste man sie in Rio suchen und hoffen, dass auf ihrer Akkreditierung erstens der Satz „I speak English“ stand und sie zweitens auch die nötigen Informationen besaßen. Dennoch gehörten die Begegnungen mit den Volunteers auch diesmal zu den schönsten Momenten: Sie waren bezaubernd, immer hilfsbereit und repräsentierten mit ihrem Engagement den olympischen Geist wie wenig sonst. Trotz aller organisatorischen Widrigkeiten, unter denen sie besonders litten.
In den Sportstätten und auch im MPC war ein wachsames Auge gefragt. Stolperfallen lauerten überall, im Maracana ragten in den engen Durchgängen der Pressetribüne in Wadenhöhe zentimeterlange und nur notdürftig abgeklebte Schrauben aus dem Beton. Im Olympiastadion bei den Leichtathletikwettbewerben klagten Fotografen über instabile Geländer. Ein Fotograf musste mit einer Platzwunde ins Krankenhaus gebracht und genäht werden, nachdem unter ihm eine Treppe zusammengebrochen war. Es blieb der Eindruck des Provisorischen oder eilig Zusammengeschusterten.
Das galt auch für die vom lokalen Organisationskomitee angebotenen Media Villages Barra 1 und 3 (Nummer 2 wurde nie gebaut), die gehobenen Jugendherbergsstandard zum Preis eines Fünf-Sterne-Hotels boten. Von Barra 3 war das MPC mit dem Bus innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten zu erreichen, ehe eine Routenänderung in den letzten zwei Olympiatagen die Fahrzeit fast verdoppelte. Rund 35 Minuten war man zu Barra 1 unterwegs. Ein Manko bei beiden: Das Umfeld, um am Abend in Fußnähe essen zu gehen oder schnell Lebensmittel einzukaufen, fehlte und wurde bitterlich vermisst.
Für die Verpflegung gab es leider keine Goldmedaille
Denn das eine große Ärgernis war die Verpflegung. Im MPC bildeten sich im einzigen Foodcourt täglich lange Schlangen an der Theke und danach wieder an der Kasse. Das Essen war wenig schmackhaft, überteuert und kalt, bis man mit dem Bezahlen durch war. Geschirr und Besteck waren ausschließlich aus Plastik und konterkarierten die Bekenntnisse von IOC und Organisatoren zum Thema Nachhaltigkeit. Kaffeebars und kleine Kioske? Fehlanzeige. Landestypische Gerichte als zusätzliches Angebot wie zum Beispiel die Peking-Ente in Peking oder Fish and Chips in London? Nicht vorhanden.
Ein McDonalds, der im Ernstfall vor dem Hungertod bewahrt hätte? Gab es erstmals seit vielen Jahren nicht für die Vertreter der Medien. Wer Zeit hatte, konnte vom MPC in zehn bis fünfzehn Minuten Fußweg einige Restaurants und Supermärkte erreichen und sich dort versorgen. Das war auch nötig, denn in einigen Venues beschränkte sich das Angebot auf Wasser und Cola in Plastikflaschen, die nur ohne Deckel ausgegeben wurden. Der Grund dafür blieb rätselhaft.
Das andere große Ärgernis: die Klimaanlagen. Busse warteten mit laufendem Motor, um die gefühlte Temperatur nur ja nicht über 15 Grad Celsius klettern zu lassen; in der ohnehin schon trostlosen Mensa wurden nicht nur die Speisen, sondern auch die Menschen darin auf Frischhalte-Temperatur gekühlt. In den Arbeitsräumen zog man besser eine Jacke über, und wer sich aufwärmen wollte, ging ins Freie. Dass sich bei vielen schnell die für Olympia üblichen Erkältungssymptome einstellten, war angesichts dessen nur logisch. Zumal die Zeitpläne mit Wettbewerben von früh am Morgen bis weit nach Mitternacht wenig Raum für eine ausgiebige Nachtruhe ließen.
Auch deutsche Delegation behrrschte die Kunst des Improvisierens
Wenig Schlaf hatten auch die Mitarbeiter des DOSB um Ulrike Spitz und Dr. Stefan Volknant, die einen hervorragenden Job machten: (fast) rund um die Uhr ansprechbar und bestens vorbereitet auf allerlei Unwägbarkeiten, mit denen immer gerechnet werden musste. Dass die täglichen Pressekonferenzen der deutschen Olympia-Mannschaft im Deutschen Haus stattfinden, ist eine Besonderheit unter den Nationalen Olympischen Komitees.
Wie gut sie besucht werden, hängt von der Erreichbarkeit ab. Diesmal war die Location sehr schön am Strand von Barra, rund zehn Kilometer entfernt vom MPC, gelegen. Mit dem Taxi fahren war angesichts der relativ günstigen Preise eine Option, darüber hinaus stellte der DOSB Bus-Shuttles von drei verschiedenen Ausgangspunkten bereit. Als ausgerechnet bei der PK zur Bekanntgabe des Fahnenträgers wegen des Radrennens die Zufahrtswege gesperrt waren, wurde spontan ein Bootstransfer organisiert. Spätestens da wurde deutlich: In der Kunst des Improvisierens stand die deutsche Delegation den Brasilianern in nichts nach.
Autor: Ute Maag
Die erste Busfahrt in Rio. Der Sitznachbar war ein Brasilianer, und was er sagte, konnte als Leitsatz für diese Olympischen Spiele gelten: „Glaube mir, es wird. Es wird vielleicht später und es wird vielleicht anders, aber es wird.“ Tatsächlich, er sollte Recht behalten. Was die Brasilianer sehr gut können, ist zu improvisieren. Vieles brauchte ein bisschen Zeit, um zu funktionieren, einiges war anders als sonst, aber als Fazit kann man sagen: So schlimm war es nicht. Vieles war sogar toll. Und auch arbeiten konnte man hier gut.Um mit dem Positiven zu beginnen: Was Internet und Datenverbindungen angeht, haben die Organisationen der Olympischen Spiele von Rio Maßstäbe gesetzt. Sehr leistungsfähige WLAN-Netze im Pressezentrum und in den Venues erleichterten das Arbeiten ungemein. Das Einloggen funktionierte automatisch: einmal registriert und angemeldet, baute sich die Verbindung von Computer und Smartphone beim Betreten jedes Bereiches automatisch auf.
Das alles funktionierte sehr stabil und war ein kostenloser Service – genauso wie die WLAN-Netze in den Media-Transport-Bussen, dank derer so manche nervenaufreibende Fahrt verkürzt und zum Arbeiten genutzt werden konnte. Auch die erstmals angebotene Transport-App, mit der man seine Fahrten planen konnte, war eine sehr gute Idee. Allerdings erwies diese sich beim Gebrauch als noch verbesserungsfähig und war nur so viel wert wie die Pünktlichkeit der Medienbusse, die zwischen dem Hub am MPC/IBC in Barra (alle Fotos: GES-Sportfoto) und den teils weit entfernten Sportstätten in den Gebieten Deodoro, Maracana und Copacabana verkehrten.
Eine einzige Katastrophe, wie verschiedentlich zu hören war, war das Transportsystem in Rio sicher nicht. Was aber fehlte, war Verlässlichkeit. Meist fuhren die Busse zu angegebenen Abfahrtszeit, manchmal aber nicht. Oft erreichten sie ihren Zielort innerhalb der vorausgesagten Zeit, zu oft aber nicht. Und war eine Straße wegen Marathon oder Radrennen gesperrt oder staute sich der Verkehr, zeigte sich: Nicht alle Fahrer besaßen die nötige Ortskenntnis. Dafür waren einige sehr rasant unterwegs und schüttelten ihre Passagiere auf der Fahrt über alte und brandneue Straßen der Stadt ordentlich durch.
Wenige Volunteers an den entscheidenden Stellen
Erstaunlich war, wie wenige Volunteers gerade an den entscheidenden Stellen präsent waren, und erschreckend, wie wenige von ihnen Englisch sprachen. Während in Peking und London an jeder einzelnen Bushaltestelle und auch in manchen Bussen selbst freundliche Helfer bereit standen, musste man sie in Rio suchen und hoffen, dass auf ihrer Akkreditierung erstens der Satz „I speak English“ stand und sie zweitens auch die nötigen Informationen besaßen. Dennoch gehörten die Begegnungen mit den Volunteers auch diesmal zu den schönsten Momenten: Sie waren bezaubernd, immer hilfsbereit und repräsentierten mit ihrem Engagement den olympischen Geist wie wenig sonst. Trotz aller organisatorischen Widrigkeiten, unter denen sie besonders litten.
In den Sportstätten und auch im MPC war ein wachsames Auge gefragt. Stolperfallen lauerten überall, im Maracana ragten in den engen Durchgängen der Pressetribüne in Wadenhöhe zentimeterlange und nur notdürftig abgeklebte Schrauben aus dem Beton. Im Olympiastadion bei den Leichtathletikwettbewerben klagten Fotografen über instabile Geländer. Ein Fotograf musste mit einer Platzwunde ins Krankenhaus gebracht und genäht werden, nachdem unter ihm eine Treppe zusammengebrochen war. Es blieb der Eindruck des Provisorischen oder eilig Zusammengeschusterten.
Das galt auch für die vom lokalen Organisationskomitee angebotenen Media Villages Barra 1 und 3 (Nummer 2 wurde nie gebaut), die gehobenen Jugendherbergsstandard zum Preis eines Fünf-Sterne-Hotels boten. Von Barra 3 war das MPC mit dem Bus innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten zu erreichen, ehe eine Routenänderung in den letzten zwei Olympiatagen die Fahrzeit fast verdoppelte. Rund 35 Minuten war man zu Barra 1 unterwegs. Ein Manko bei beiden: Das Umfeld, um am Abend in Fußnähe essen zu gehen oder schnell Lebensmittel einzukaufen, fehlte und wurde bitterlich vermisst.
Für die Verpflegung gab es leider keine Goldmedaille
Denn das eine große Ärgernis war die Verpflegung. Im MPC bildeten sich im einzigen Foodcourt täglich lange Schlangen an der Theke und danach wieder an der Kasse. Das Essen war wenig schmackhaft, überteuert und kalt, bis man mit dem Bezahlen durch war. Geschirr und Besteck waren ausschließlich aus Plastik und konterkarierten die Bekenntnisse von IOC und Organisatoren zum Thema Nachhaltigkeit. Kaffeebars und kleine Kioske? Fehlanzeige. Landestypische Gerichte als zusätzliches Angebot wie zum Beispiel die Peking-Ente in Peking oder Fish and Chips in London? Nicht vorhanden.
Ein McDonalds, der im Ernstfall vor dem Hungertod bewahrt hätte? Gab es erstmals seit vielen Jahren nicht für die Vertreter der Medien. Wer Zeit hatte, konnte vom MPC in zehn bis fünfzehn Minuten Fußweg einige Restaurants und Supermärkte erreichen und sich dort versorgen. Das war auch nötig, denn in einigen Venues beschränkte sich das Angebot auf Wasser und Cola in Plastikflaschen, die nur ohne Deckel ausgegeben wurden. Der Grund dafür blieb rätselhaft.
Das andere große Ärgernis: die Klimaanlagen. Busse warteten mit laufendem Motor, um die gefühlte Temperatur nur ja nicht über 15 Grad Celsius klettern zu lassen; in der ohnehin schon trostlosen Mensa wurden nicht nur die Speisen, sondern auch die Menschen darin auf Frischhalte-Temperatur gekühlt. In den Arbeitsräumen zog man besser eine Jacke über, und wer sich aufwärmen wollte, ging ins Freie. Dass sich bei vielen schnell die für Olympia üblichen Erkältungssymptome einstellten, war angesichts dessen nur logisch. Zumal die Zeitpläne mit Wettbewerben von früh am Morgen bis weit nach Mitternacht wenig Raum für eine ausgiebige Nachtruhe ließen.
Auch deutsche Delegation behrrschte die Kunst des Improvisierens
Wenig Schlaf hatten auch die Mitarbeiter des DOSB um Ulrike Spitz und Dr. Stefan Volknant, die einen hervorragenden Job machten: (fast) rund um die Uhr ansprechbar und bestens vorbereitet auf allerlei Unwägbarkeiten, mit denen immer gerechnet werden musste. Dass die täglichen Pressekonferenzen der deutschen Olympia-Mannschaft im Deutschen Haus stattfinden, ist eine Besonderheit unter den Nationalen Olympischen Komitees.
Wie gut sie besucht werden, hängt von der Erreichbarkeit ab. Diesmal war die Location sehr schön am Strand von Barra, rund zehn Kilometer entfernt vom MPC, gelegen. Mit dem Taxi fahren war angesichts der relativ günstigen Preise eine Option, darüber hinaus stellte der DOSB Bus-Shuttles von drei verschiedenen Ausgangspunkten bereit. Als ausgerechnet bei der PK zur Bekanntgabe des Fahnenträgers wegen des Radrennens die Zufahrtswege gesperrt waren, wurde spontan ein Bootstransfer organisiert. Spätestens da wurde deutlich: In der Kunst des Improvisierens stand die deutsche Delegation den Brasilianern in nichts nach.