Wer genau hingehört hat, mag das Brüllen der Löwen vernommen haben. Die Jahreshauptversammlung des Verbandes Deutscher Sportjournalisten fand im Lindner Park-Hotel Hagenbeck statt, also gleich neben dem großen Hamburger Zoo. Knapp 500 Arten mit rund 7500 Tieren beherbergt der Tierpark. Die VDS-Veranstaltung bildete dagegen die Vielfalt eines großen berufsständischen Verbandes ab, von der Organisation seiner täglichen Arbeit bis hin zur Auszeichnung herausragender Leistungen in den VDS-Berufswettbewerben am Abend. Auch neben dem Tierpark ging es also einigermaßen lebhaft zu.
Die Versammlung startete zur Mittagszeit, und so lagen bereits einige Stunden harter Arbeit hinter dem VDS-Präsidium. Es war am Vortag angereist, um die monatliche Sitzung mal wieder in Präsenz zu absolvieren. Derzeit zählen sechs Mitglieder zum Gremium. Dabei muss es aber nicht bleiben. „Wer mitmachen möchte, soll gerne kommen“, betonte Präsident André Keil. Es geht dabei auch um einen Ersatz für Thorsten Poppe, der zuletzt vom Beisitzer der vergangenen Jahre zum Geschäftsstellenleiter von heute avancierte.
Der Hintergrund der neuen Funktion bilden diverse Schicksalsschläge, die den VDS im vergangenen Jahr begleitet hatten: Im Sommer musste Mathias Merschhemke sein Amt als Leiter der Geschäftsstelle nach kurzer Zeit wieder aufgeben, und im Herbst fiel auch dessen kommissarischer Nachfolger gesundheitsbedingt aus. „Da hat es mich selbst erwischt“, bekannte der 2. Vizepräsident Arno Boes, dessen warmer Empfang die ausgeprägte Solidarität der Delegierten unterstrichen hatte. Also übernahm Thorsten Poppe die Geschäftsstelle in Teilzeit und ging „ein Stück weit naiv“ an die neue Aufgabe. Natürlich besaß er einen Überblick über die Aktivitäten des VDS. Aber welche Arbeit im Einzelnen mit diesen verbunden war, erschloss sich dem neuen Geschäftsstellenleiter erst nach und nach (Poppe-Foto: Tilo Wiedensohler).
Insofern kam es Thorsten Poppe in Hamburg auch darauf an, den beteiligten Regionalvereinen „für die Unterstützung zu danken“. Es konnte nicht alles rund laufen in den vergangenen Monaten. Die Arbeit des VDS beschränkt sich ja nicht auf die Verwaltung seiner rund 3200 Mitglieder und die Vergabe von Presseausweisen. Sie zielt auch darauf ab, dem Sportjournalismus eine Stimme zu geben, für Sichtbarkeit und Teilhabe zu sorgen. Der „Campus Sportjournalismus“ mit diversen Webinaren und Seminaren, das Deutsche SportFilmFest in Oberhausen oder der Ausbau eines LinkedIn-Auftritts sind nur einige Aufgaben eines VDS, der seit dem Februar auch offizielles Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur in Nürnberg ist.
Um die administrative Arbeit zu bewältigen, nutzt die Geschäftsstelle nun „Regus“, dessen Service die Erstellung eines „virtuellen Büros“ erlaubt und so für personelle Flexibilität sorgt. Hinsichtlich der Mitgliederverwaltung setzt der Verband zudem auf Eigeninitiative: Die im Aufbau befindliche Datenbank soll zukünftig durch die Mitglieder gepflegt werden, um den arbeitsintensiven Umweg über Regionalvereine und Geschäftsstelle zu vermeiden. Begleitet wird die Entwicklung dabei durch Wolfram Köhli. Er bat ausdrücklich um Mithilfe. „Jede E-Mail mit Anregungen ist willkommen“, sagte der Schatzmeister, der das Jahr voraussichtlich mit einer „schwarzen null“ abschließen wird.
Kerstin von Kalckreuth ist im VDS die neue Ansprechpartnerin bei Diskriminierung und sexualisierter Gewalt
Dann liegen hinter Kerstin von Kalckreuth bereits die ersten Monate im neuen Amt: Die 49-Jährige wurde in Hamburg als Ansprechpartnerin bei Diskriminierung und sexualisierter Gewalt vorgestellt, zu erreichen per E-Mail unter antidiskrinalist.de. Sie gehe mit Respekt und engagiert an die Arbeit, sei unabhängig und auch für anonyme Hinweise offen, betonte von Kalckreuth. Das neue Amt und seine Möglichkeiten müssten sich nun aber auch herumsprechen. „Macht meine Aufgabe bekannt“, bat die WDR-Redakteurin die Delegierten. minierung@sportjour
Auch bei der abendlichen Gala mit rund 120 Gästen offenbarte sich, dass der Verein Hamburger Sportjournalisten um seinen 1. Vorsitzenden Carsten Harms als Veranstalter einen wirklich guten Job gemacht hatte. Launig moderiert vom NDR-Kollegen Jörg Naroska und versehen mit Einlagen vom 2,07 Meter großen „Shorty“ (dem größten Kleinkünstler der Welt), verflog die Zeit im Saal. Es waren ja tatsächlich Stunden nötig, um all die Menschen zu ehren, die sich im vergangenen Jahr mit herausragenden Leistungen um den Sportjournalismus verdient gemacht hatten. Dabei wurde einmal mehr deutlich, wie unterhaltsam, kompetent und hintergründig sich die Kollegen und Kolleginnen der vielfältigen Themen des Sports annahmen („Shorty“-Foto: Tilo Wiedensohler).
Es würde den Rahmen sprengen, auf all die Geschichten einzugehen. Deshalb seien lediglich zwei der zahlreichen Highlights erwähnt: Die Vergabe des „Goldenen Bandes“, dem ältesten Sportjournalistenpreis hierzulade. Er ging in diesem Jahr an die DANAS, also die Hockey-Nationalmannschaft der Damen, die über Spenden bereits die Anpflanzung von rund 2000 Bäumen in Afrika finanziert hat.
Und dann war da noch Marie Oelve: Sie hatte einen Text zum Nachwuchswettbewerb eingereicht, es aber nicht unter die Top drei geschafft. Gleichwohl war die 13-Jährige als jüngste Teilnehmerin in der langen Geschichte des Preises nach Hamburg eingeladen worden – und avancierte zum heimlichen Star des Abends. Das ist nebenan im Tierpark aber ja nicht anders: Dort erhalten auch nicht immer die großen Tiere die größte Beachtung.
Stefan Freye ist 1. Vorsitzender des Vereins Bremer Sportjournalisten. Er arbeitet als Freelancer von der Hansestadt aus. Hier geht es zu Freyes LinkedIn-Account.