Plötzlich ging alles ganz fix, und das Tempo dieser Fusion erinnert an die schnelle Mitte: Im September 2023 erst hatten der Olympia-Verlag und handball-world ihre Zusammenarbeit bekannt gegeben, noch vor dem Jahresende war die neue Homepage online. Bei der Handball-EM im Januar sorgte die Kooperation bereits auf beiden Seiten für Rekordwerte. Ein Parforceritt. Aber auch die logische Konsequenz zunehmender Schwierigkeiten für das Portal und sein unermüdliches Team.
Seit 1999 war handball-world eigenständig unterwegs. "Schon damals war uns aber klar, dass die Technik mit nur einer Sportart schwer zu tragen ist", berichtet Christian Ciemalla, der vor gut 25 Jahren die erste News auf dem Portal online stellte. Doch es gelang – mit viel Engagement, Idealismus, Herzblut und Spaß an der Sache. Oder anders formuliert: Das Team von handball-world war überall – wer da den Beruf zum Hobby gemacht hatte und wer das Hobby zum Beruf, das war oftmals kaum noch zu unterscheiden.
"Leider geht es aber nicht einfach nur darum, Texte zu schreiben", sagt Ciemalla. "Die Anforderungen sind in den letzten 20 Jahren auf vielen Ebenen immens gestiegen und stellten insbesondere ein kleines und unabhängiges Projekt wie handball-world vor immer größere Anforderungen. Nicht nur auf technischer Ebene, auch im administrativen Bereich. Und die Medienlandschaft verändert sich stetig."
Ein neues Konzept musste her. Neue Wege gefunden werden. Hilfe kam in Unternehmensberater Ronald Maier, Olaf Wiedfeldt als Inhaber einer Software-Firma und dem Unternehmer André Tzschaschel stets auch aus der Handballszene selbst. handball-world professionalisierte sich, entwickelte sich aus eigener Kraft Jahr für Jahr weiter.
Dann jedoch zeichnete sich mit der im Januar 2024 bevorstehende EM in Deutschland ein neues Problem ab, da die Technik bereits zuvor bei Großereignissen an Lastgrenzen gestoßen war – und ein weiterer, technisch tiefgehender Relaunch aus Eigenmitteln nur schwer zu bewerkstelligen war. "Das war für uns der Grund über Kooperationsmöglichkeiten mit dem Olympia-Verlag zu sprechen. Mit kicker.de hat dieser die führende Sportplattform in Deutschland", erläutert Ciemalla den Kontakt, der schnell über technische Fragen hinausging: "Neben Synergien und Potenzialen auf allen Ebenen fanden wir vor allem viele Gemeinsamkeiten – allen voran, dass die Leidenschaft für den Sport an erster Stelle steht."
Sah man auch im Olympia-Verlag so. Digital-Chef Werner Wittmann und CFO Oliver Kühn betonten unisono: "Vom ersten Kennenlernen des Teams von handball-world an war uns klar, welches Potenzial in einer strategischen Partnerschaft für beide Seiten steckt." Umgesetzt wurde sie in Form einer 100-prozentigen Übernahme. "Mit der im Sportbereich herausragenden Plattform der Marke kicker konnte uns der Olympia-Verlag Perspektiven bieten, die wir allein niemals hätten erschließen können", fasst André Tzschaschel die vollumfängliche Kooperation in den Bereichen Redaktion, Vermarktung und Technologie zusammen. (Fusionspartner v.l.n.r: Oliver Kühn/Olympia-Verlag, Christian Ciemalla/handball-world, Bärbel Schnell/Geschäftsführerin Olympia-Verlag), Andre Tzschaschel/handball-world und Werner Wittmann/Olympia Verlag – Foto: Olympia-Verlag/Lennart Löscher)
In der Praxis sah das dann so aus: Neben dem Normalbetrieb wurden bei handball-world die Weichen für einen Wechsel auf die kicker-Technologie gestellt. „Ein Relaunch ist ja immer ein Thema für sich – und dann durch die Handball-EM im Januar noch mit einem ebenso zeitnahen wie harten Endpunkt. "Doch die kicker-Technik hat da einen unglaublichen Job gemacht", sagt Ciemalla. Statt des eigentlich anvisierten Release im Januar zog das Projektteam den Termin sogar um mehrere Wochen vor und schuf so mehr Zeit für Qualitätsverbesserungen.
Parallel zur Technik wurden auch die Redaktionen verzahnt. Ein reibungsloser Prozess dank bemerkenswerter Offenheit auf beiden Seiten. Das Team von handball-world arbeitet dabei weiter eigenständig, stimmt sich aber mit der kicker-Redaktion ab – beispielsweise mit Maximilian Schmidt, der für den kicker auch die Handball-EM vor Ort begleitete. Weit über 150 Artikel erschienen zur Handball-EM allein auf dem kicker-Portal, gut 1000 waren es bei handball-world.
"Das war eine ganz besondere Reise, die die Kollegen von handball-world und wir da beschritten haben", so Schmidt nach der EM, "vom ersten bis zum letzten Tag hat sich die Zusammenarbeit enorm ergänzt." Wie Aufgaben und Schwerpunkte gemeinsam verteilt und gesetzt wurden, mache "große Lust auf die kommende Zeit".
Ein Paradebeispiel war der Fall Elohim Prandi, dessen direkt verwandelter Freiwurf im Halbfinale für viel Aufregung gesorgt hatte. Ausführlich wurden bei handball-world die regeltechnischen Hintergründe mit Hilfe eines Experten erläutert und in der Folge von der kicker-Redaktion für die eigenen Leser passend aufbereitet. Laut Schmidt ein "Musterbeispiel" dafür, wie der kicker vom neuen Partner handball-world profitieren kann. (Elohim Prandi bei einem Freiwurf im EM-Spiel gegen Österreich – Foto: GES-Sportfoto/augenklick)
113 Millionen Page Impressions während der EM machten Handball zum beliebtesten kicker-Content hinter den beiden Fußball-Bundesligen im Januar. handball-world generierte neun Millionen Seitenaufrufe im selben Monat: ein Rekordwert seit dem Start vor 25 Jahren. "Und die Synergien greifen weiter, sowohl redaktionell wie auch technologisch – beispielsweise hinsichtlich verbesserter Liveticker oder Video-Integrationen", berichtet Ciemalla aus dem redaktionellen Alltag.
Und dieser findet nicht nur online statt: Gegen den Trend hatte das Team von handball-world mit dem Fotografen Sascha Klahn 2020 das Printmagazin 'Bock auf Handball' aufgelegt – das übrigens bereits im ersten Jahr vom VDS für das Sportfoto des Jahres in der Kategorie Portfolio/Reportagen ausgezeichnet wurde. Die Synergien liegen auch hier auf der Hand: Der Olympia-Verlag hat mit der 1920 gegründeten Sportzeitschrift immerhin eine mehr als 100-jährige Tradition im Printbereich.
Hinzu kommt die gemeinsame Ansprache von Werbepartnern. Bei der Handball-EM war beispielsweise Puma als Ausrüster der deutschen Nationalmannschaft mit einer Aktion auf beiden Seiten vertreten. "Die Vernetzung der Werbemöglichkeiten auf beiden Plattformen – und somit des handball-affinen kicker-Publikums und der Fans auf handball-world birgt massives Potenzial", meint André Tzschaschel.
Und die Aufbruchsstimmung hält an. "Das hat alles Hand und Fuß. Und war der absolut richtige Schritt – auch für uns als Redaktion", ist sich Ciemalla nach den ersten Monaten sicher, vor allem aber auch mit Blick auf die Zukunft. Denn die Transformation von handball-world in die kicker-sportsworld hat Pionier-Charakter: Vor Olympia soll es den Anwurf für die zweite Sportwelt im kicker-Kosmos geben.