Frauenanteil im Sportjournalismus

Entwicklung und Stagnation

02.12.2024

Kommentatorinnen sind unterrepräsentiert, bei Moderatorinnen zeigt sich ein gegenteiliger Effekt: Nina Stein hat sich in ihrer Bachelorarbeit mit den Geschlechtern beschäftigt.

 

1995 erhob Felix Görner erstmals in einer repräsentativen Befragung den Anteil an Frauen im Sportjournalismus. Dieser lag zu dem Zeitpunkt bei 6,3 Prozent und hat sich 15 Jahre später nach einer Erhebung von Kathrin Helm mit 11,5 Prozent fast verdoppelt. Seitdem stagnieren die Werte jedoch.

Der Verband Deutscher Sportjournalisten erfasst derzeit 10,8 Prozent weiblicher Mitglieder. Ziel der Bachelorarbeit war es, den aktuellen Frauenanteil im Sportjournalismus im Hinblick auf die Fernsehberichterstattung zu ermitteln. Dazu wurden jeweils zehn Sendungen von "Sportschau" (ARD), "sportstudio" beziehungsweise "das aktuelle sportstudio" (ZDF) und "Alle Spiele, alle Tore" (Premiere/Sky) auf Moderation sowie Kommentar der Saisons 2003/04 und 2023/24 untersucht. (Stein-Foto: privat)

Die Ergebnisse der quantitativen Inhaltsanalyse zeigen, dass sich der Frauenanteil in der TV-Sportberichterstattung deutlich erhöht hat. Jedes der untersuchten Formate setzt in der Saison 2023/24 auch auf Moderatorinnen. Lediglich ein Sender (Premiere/Sky) setzt über den gesamten Untersuchungszeitraum keine Kommentatorin ein.

Gesamtheitlich betrachtet hat sich der Frauenanteil im 20-jährigen Vergleich mindestens verdreifacht. Bei der Entwicklung ergeben sich auf den Tätigkeitspositionen Unterschiede. Kommentatorinnen sind mit 10,4 Prozent über alle drei Formate in der Saison 2023/24 zwar unterrepräsentiert, aber verglichen zum allgemeinen Frauenanteil im Sportjournalismus auf einem ähnlichen Niveau.

Die Moderation ist mit weitaus mehr Frauen vertreten als im Sportjournalismus anteilig. 53,3 Prozent Moderatorinnen in der Saison 2023/24 zeigen eine fast paritätische Einsatzbesetzung auf, wobei die Diskrepanz zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD (90 Prozent) und ZDF (20 Prozent) nicht außer Acht gelassen werden darf.

Die Verhältnisse der Moderation zeigen eine ausgeglichene Geschlechterverteilung, die auf den Sportjournalismus insgesamt jedoch nicht zutreffen. Es gibt mehrere Anhaltspunkte, weshalb Frauen im Sport verglichen mit anderen Ressorts unterrepräsentiert sind. Ein männlich geprägter Themenschwerpunkt, erhöhte Anforderungen, weniger Akzeptanz, erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Unterschiede hinsichtlich Auftreten und Stimme zeigten sich in der vorangegangenen Recherche als Einflussfaktoren.

Schon Fortschritte, aber für ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis im Sportressort sind weitere Bemühungen notwendig

Zusätzlich bilden geringeres Interesse am Sport sowie die ausgeprägte Selbstkritik von Frauen im beruflichen Kontext eine Grundlage für eine Zurückhaltung im Bewerbungsprozess. Daraus ergibt sich für das einstellende Medienunternehmen eine alternativlose Wahl, die zu einem ungleichen Geschlechterverhältnis führen kann.

Diese Faktoren können mit der Inhaltsanalyse nur interpretiert, aber nicht umfänglich bestätigt werden. Um die Gründe detailliert zu erforschen, eignet sich fortführend eine Forschung mit qualitativer Methode. Die vorangegangene Untersuchung der Arbeit liefert jedoch Ergebnisse über die Fortführung des Anstiegs der Zahl an Frauen im Sportjournalismus mit Fokus auf die TV-Berichterstattung sowie der Diskrepanz innerhalb der Tätigkeitsbereiche.

Es ist zu beachten, dass die Untersuchung nur einen Teil einer Fußball-Bundesligasaison widerspiegelt und keine Repräsentativität aufweist. Trotz aller Entwicklungen bleibt der Sportjournalismus eine Männerdomäne. Die nahezu paritätische Besetzung der Moderation bildet eine Ausnahme im Ressort, die jedoch als Vorbild dienen kann. Für ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis im Sportressort sind allerdings weitere Bemühungen notwendig.

Die Autorin hat ihr Studium "Journalismus" an der Hochschule Magdeburg-Stendal nach drei Jahren im Oktober 2024 abgeschlossen. Seit Anfang September arbeitet sie als Redaktionsvolontärin beim VfL Wolfsburg. Hier geht es zu ihrem LinkedIn-Profil.