Die Defizite, vor allem bei der Deutschen Bahn und im Nahverkehr, bekamen auch die zahlreichen internationalen Medienvertreter*innen zu spüren – und berichteten darüber ausführlich. Andere Missstände, denen Zuschauer*innen aufgrund der UEFA-Geldvermehrungspolitik (die zu Rekordeinnahmen führte) ausgesetzt waren, betrafen auch Medienschaffende. Etwa die hohen Essenspreise, die mäßige Versorgung mit Trinkwasser und die bewusste Reduzierung von Presseparkscheinen, vermutlich um mehr Tickets hochpreisig verkaufen zu können.
Letzteres war für die Berichterstatter*innen nicht nur wegen der deutlich erschwerten Anreise unschön, sondern vor allem, weil nach dem oft sehr späten Ende der Mixed Zones – zwei Stunden nach Abpfiff und später – bei um 21.00 Uhr angepfiffenen Spielen die Rückreise in etwas weiter entfernte Standorte kaum noch möglich war.
Die so genannten Mixed Zones waren für die meisten anwesenden Kolleg*innen ohnehin das größte Ärgernis bei der EM. Hier gab es durchgängig und quer durch alle Nationen permanent Beschwerden. Was auch an der Inkonsequenz der UEFA lag: Einige Mixed Zones selbst in sehr großen Stadien waren erkennbar viel zu klein gehalten oder hatten wie in München eher Alibi-Charakter. Vier bis fünf der insgesamt meist 30 beteiligten Spieler beider Mannschaften gaben ihre Kommentare auf eigens errichteten Podien ab, die anderen eilten meist wortlos an den wartenden Journalist*innen vorbei (Volkmar-Foto: Tilo Wiedensohler).
In vielen anderen Spielorten, etwa den eigentlich über genug Platz verfügenden Arenen von Frankfurt, Stuttgart oder Berlin, stand aber selbst für diese Podien angeblich nicht genug Fläche zur Verfügung. So gab es im Gegensatz zur ursprünglichen Ankündigung nur die altbekannten Mixed Zones. Lobend muss dagegen die sehr weitläufige Mixed Zone in Köln erwähnt werden – mehrere, akustisch gut voneinander abgetrennte Podien inklusive.
Fast noch gravierender als die fehlende Einheitlichkeit war allerdings das ebenso unorganisierte Vorgehen zahlreicher UEFA-Medienverantwortlicher und ihrer oft überforderten Helfer. So gab es in den meisten Stadien widersprüchliche Aussagen, was erlaubt und was nicht erlaubt sei. Und in Frankfurt gefielen sich die Volunteers vorrangig in einer Rolle zwischen Türsteher und Presseverhinderer. Sie sahen ihre Aufgabe offenbar darin, Berichterstatter*innen aus angeblich für ihr Medium „verbotenen“ Zonen sogar handgreiflich zu entfernen – auch wenn genug Platz war, kein Kollege und keine Kollegin sich gestört fühlten und die Spieler eben nur einmal „für alle“ Rede und Antwort standen.
AIPS-Arbeitsgruppe plant baldiges Feedback-Meeting mit UEFA-Verantwortlichen hinsichtlich der nächsten Fußball-EM 2028
Immerhin: Im Gegensatz zu früheren Turnieren wurden die Probleme dank der 2023 gegründeten Fußball-Arbeitsgruppe des Weltverbandes der Sportjournalisten (AIPS) gesammelt, benannt und an die Medienabteilung der UEFA adressiert. Dadurch konnten zumindest teilweise schon während der EM Verbesserungen für die Journalist*innen vor Ort erreicht werden. Etwa beim anfangs phasenweise chaotischen Einlass, der technisch zunächst nicht funktionierenden Auswahl der Presseplätze oder der intransparenten Vergabe der Matchtickets.
Auch der Verband Deutscher Sportjournalisten hat an mehreren Stellen vor und während des Turniers durch konstruktive Kritik versucht, Verbesserungen zu bewirken. Die AIPS-Arbeitsgruppe plant nun ein baldiges Feedback-Meeting mit den UEFA-Verantwortlichen hinsichtlich der nächsten Fußball-EM 2028 in Großbritannien und Irland. Zudem soll es auch mit der FIFA Gespräche geben, um sich für verbesserte Arbeitsbedingungen bei der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko einzusetzen.
Martin Volkmar, Chef vom Dienst bei ran, gehört dem Präsidium des Verbandes Deutscher Sportjournalisten als Beisitzer an. Er vertritt des VDS bei der AIPS.