08.09.2017
Wer erinnert sich noch an die Spiele 1976 in Montreal, als die schwarzafrikanischen Länder Olympia boykottierten, weil zuvor eine neuseeländische Rugbymannschaft im wegen seiner Apartheidpolitik isolierten Südafrika angetreten war? Vier Jahre später boykottierte der Westen Olympia in Moskau wegen des sowjetischen Einmarsches im Dezember 1979 in Afghanistan, prompt folgte die Retourkutsche der sogenannten sozialistischen Länder 1984 gegenüber Los Angeles.
Die Politik nutzt gerne den Sport, um ihr Land und seine Möglichkeiten in bestem Licht erscheinen zu lassen. 1936 Berlin und Garmisch-Partenkirchen, Moskau 1980, auch Peking 2008 gehört in diese Reihe und Sotschi 2014 ganz sicher. Olympische Spiele sind politische Prestigeobjekte (Foto AIPS-Präsident Giovanni „Gianni“ Merlo: AIPS/Carlo Pozzoni).
Wenn man aber von „Boykott“ spricht, wie oben beschrieben, darf man auch fragen, was hat ein Boykott genützt oder was hätte ein möglicher Boykott bewirkt? Hätte der Zweite Weltkrieg verhindert werden können, wenn zum Beispiel die US-Amerikaner die Spiele von Berlin boykottiert hätten? Hat der Boykott von Moskau dazu beigetragen, die Sowjets aus Afghanistan zu drängen und der Region Frieden zu verschaffen? Hat Südafrika durch den Boykott von Montreal früher die Politik der Apartheid aufgegeben? Das Leben findet bekanntlich nicht im Konjunktiv statt! Bei allen drei Fragen ist die Antwort eher: Es hätte beziehungsweise hat nicht viel gebracht.
Warum ich Ihnen das heute erzähle? Weil die Internationale Sportjournalisten-Organisation AIPS ihren nächsten Kongress 2018 im türkischen Antalya tagen lassen will – in einem Land, in dem der Präsident Erdogan wie ein Diktator agiert, einem Land, in dem mehr als 200 Journalisten im Gefängnis sitzen, weil sie ihre Arbeit gemacht haben, einem Land, in dem Menschen ohne Anklage inhaftiert werden. Die Türkei ist derzeit weit entfernt von einer Demokratie, speziell was die Pressefreiheit angeht. Und ausgerechnet dort will die AIPS ihren Jahreskongress 2018 abhalten!?
Inzwischen sind es schon elf Länder, die nicht nach Antalya reisen werden
Ich habe dem AIPS-Präsidenten Merlo bereits im Juli mitgeteilt, dass der VDS keinen Vertreter nach Antalya schicken wird, als Zeichen der Solidarität gegenüber den inhaftierten Kolleginnen und Kollegen, als Ausdruck klarer Haltung gegenüber der Politik der türkischen Regierung.
Über den Kollegen Josef Langer, seines Zeichens Generalsekretär des österreichischen Sportjournalistenverbandes Sports Media Austria und Mitglied des Exekutivkomitees der AIPS, wurde die Haltung des VDS in Europa verbreitet. Und inzwischen sind es elf Länder, die nicht nach Antalya reisen werden. Vielleicht werden es noch mehr.
Ich glaube nicht, dass sich dadurch die Politik Erdogans ändern wird; ich glaube auch nicht, dass dadurch auch nur ein Journalist eher freigelassen wird. Aber so demonstriert der VDS seine Haltung, wir zeigen der AIPS, dass es instinktlos ist, in der derzeitigen Situation einen Journalistenkongress in einem Land ohne Pressefreiheit zu veranstalten. Und alle, die nicht hinfahren, erklären sich solidarisch mit den inhaftierten Kolleginnen und Kollegen und den Journalistinnen und Journalisten, die in der Türkei ihren Beruf gar nicht oder nur eingeschränkt ausüben können.
Autor: Erich Laaser (VDS-Präsident)
Nur Ignoranten behaupten heute noch, Sport habe nichts mit Politik zu tun. Bereits 1936, als die Nationalsozialisten die Olympischen Spiele instrumentalisierten, um der Welt ihr vermeintlich friedliches Gesicht zu zeigen und die Überlegenheit der arischen Rasse zu demonstrieren, war Olympia eine hochpolitische Veranstaltung. Immer wieder wurde der Sport für politische Zwecke benutzt.Wer erinnert sich noch an die Spiele 1976 in Montreal, als die schwarzafrikanischen Länder Olympia boykottierten, weil zuvor eine neuseeländische Rugbymannschaft im wegen seiner Apartheidpolitik isolierten Südafrika angetreten war? Vier Jahre später boykottierte der Westen Olympia in Moskau wegen des sowjetischen Einmarsches im Dezember 1979 in Afghanistan, prompt folgte die Retourkutsche der sogenannten sozialistischen Länder 1984 gegenüber Los Angeles.
Die Politik nutzt gerne den Sport, um ihr Land und seine Möglichkeiten in bestem Licht erscheinen zu lassen. 1936 Berlin und Garmisch-Partenkirchen, Moskau 1980, auch Peking 2008 gehört in diese Reihe und Sotschi 2014 ganz sicher. Olympische Spiele sind politische Prestigeobjekte (Foto AIPS-Präsident Giovanni „Gianni“ Merlo: AIPS/Carlo Pozzoni).
Wenn man aber von „Boykott“ spricht, wie oben beschrieben, darf man auch fragen, was hat ein Boykott genützt oder was hätte ein möglicher Boykott bewirkt? Hätte der Zweite Weltkrieg verhindert werden können, wenn zum Beispiel die US-Amerikaner die Spiele von Berlin boykottiert hätten? Hat der Boykott von Moskau dazu beigetragen, die Sowjets aus Afghanistan zu drängen und der Region Frieden zu verschaffen? Hat Südafrika durch den Boykott von Montreal früher die Politik der Apartheid aufgegeben? Das Leben findet bekanntlich nicht im Konjunktiv statt! Bei allen drei Fragen ist die Antwort eher: Es hätte beziehungsweise hat nicht viel gebracht.
Warum ich Ihnen das heute erzähle? Weil die Internationale Sportjournalisten-Organisation AIPS ihren nächsten Kongress 2018 im türkischen Antalya tagen lassen will – in einem Land, in dem der Präsident Erdogan wie ein Diktator agiert, einem Land, in dem mehr als 200 Journalisten im Gefängnis sitzen, weil sie ihre Arbeit gemacht haben, einem Land, in dem Menschen ohne Anklage inhaftiert werden. Die Türkei ist derzeit weit entfernt von einer Demokratie, speziell was die Pressefreiheit angeht. Und ausgerechnet dort will die AIPS ihren Jahreskongress 2018 abhalten!?
Inzwischen sind es schon elf Länder, die nicht nach Antalya reisen werden
Ich habe dem AIPS-Präsidenten Merlo bereits im Juli mitgeteilt, dass der VDS keinen Vertreter nach Antalya schicken wird, als Zeichen der Solidarität gegenüber den inhaftierten Kolleginnen und Kollegen, als Ausdruck klarer Haltung gegenüber der Politik der türkischen Regierung.
Über den Kollegen Josef Langer, seines Zeichens Generalsekretär des österreichischen Sportjournalistenverbandes Sports Media Austria und Mitglied des Exekutivkomitees der AIPS, wurde die Haltung des VDS in Europa verbreitet. Und inzwischen sind es elf Länder, die nicht nach Antalya reisen werden. Vielleicht werden es noch mehr.
Ich glaube nicht, dass sich dadurch die Politik Erdogans ändern wird; ich glaube auch nicht, dass dadurch auch nur ein Journalist eher freigelassen wird. Aber so demonstriert der VDS seine Haltung, wir zeigen der AIPS, dass es instinktlos ist, in der derzeitigen Situation einen Journalistenkongress in einem Land ohne Pressefreiheit zu veranstalten. Und alle, die nicht hinfahren, erklären sich solidarisch mit den inhaftierten Kolleginnen und Kollegen und den Journalistinnen und Journalisten, die in der Türkei ihren Beruf gar nicht oder nur eingeschränkt ausüben können.