Kolumne "Hardt und herzlich"

KI übernimmt

06.05.2024

Maschinen erstellen Texte. Andreas Hardt beleuchtet, was dabei herauskommt – und schreibt auf, was er davon hält.

 

"Für diesen von der Redaktion geschriebenen Artikel wurde maschinelle Unterstützung genutzt. Der Artikel wurde vor Veröffentlichung von Redakteur xxx sorgfältig überprüft."

Na immerhin – "sorgfältig überprüft". Dann ist ja alles okay. Und selbstverständlich ist das auch nicht, was die Frankfurter Rundschau da gemacht hat. Es geht nämlich auch ohne sorgfältige Prüfung. KI übernimmt, insbesondere bei Online-Schnellschüssen.

"Ob das Spiel so eindeutig endet, wie die Tabelle vermuten lässt? Der SVWW schafft es mit 32 Zählern derzeit nur auf Platz 16, während Kiel 29 Punkte mehr vorweist und damit den zweiten Rang einnimmt."

Das las man so auf der Online-Seite der Welt vor dem Zweitligaspiel des SV Wehen Wiesbaden gegen Holstein Kiel. Schon fein: Daten oben reinwerfen und unten kommt ein Text heraus. Oder so etwas ähnliches. Jedenfalls eine Folge von Wörtern. Am Ende wird der Leser dann noch aufgeklärt: "Dieser Artikel wurde automatisch von unserem Partner Retresco anhand von Spieldaten erstellt."

Schon praktisch. Versuchen wir es doch einmal. Was also ist Sportjournalismus? "Sportjournalisten berichten über aktuelle Spiele, Wettkämpfe, Turniere und andere sportliche Veranstaltungen und liefern Hintergrundinformationen zu verschiedenen Sportarten." Okay soweit.

Und wer sollte Trainer des FC Bayern werden? "Es gibt viele Spekulationen darüber, wer Trainer des FC Bayern werden könnte. Es bleibt abzuwarten, wer letztlich die Position des Trainers übernehmen wird." Ja, konnte man so sagen. Bringt das Erkenntnisgewinn? Eher nicht. (Hardt-Foto. privat)

Dennoch ist die Versuchung, Texte von Maschinen erstellen zu lassen, groß. Das spart Zeit und teure menschliche Arbeitskraft. Das zählt für die Geschäftsführer im siebten Stock. Qualität ist ein weicher Wert, harte Fakten auf den Konten zählen. Und wo wir uns im journalistischen Fast-Food-Bereich der schnellen Klicks und nicht nachhaltigen Online-Texte bewegen – eben gelesen, schon vergessen –, ist die Scheu der Verantwortlichen, den Konsumenten diesen KI-Schrott vorzulegen, noch geringer ausgeprägt. Ist das Kunst oder kann das weg? Das kann weg!

Noch.

Denn wir ahnen ja alle, dass die Entwicklung sich nicht aufhalten lässt. Die Journalisten- und Textroboter werden lernen. Mit jeder Eingabe, mit jedem Befehl. Als die ersten Schachprogramme in den 1970er-Jahren auf den Markt kamen, hieß es: Nie wird der Computer den Menschen schlagen können, weil ihm die Kreativität fehlt. Was für ein Irrtum! Gegen heutige Schachprogramme hat auch der größte Großmeister keine Chance. Kreativität egal, die gespeicherte Menge an Infos macht's.

Und im Journalismus? "Journalismus wird zukünftig nicht mehr ohne KI arbeiten und die Technologie wird sich weiterentwickeln", heißt es in einem Aufsatz des "Media Lab Bayern". Sagen wir ja. Aufzuhalten ist das also nicht, muss ja auch nicht sein. Die Frage ist die jeweilige Grenze der Zumutbarkeit. Und computergenerierte Spieltagsvorschauen sind derzeit noch unzumutbar. Jedenfalls, wenn man von vernunftbegabten Lesern ausgeht. Trotzdem werden sie veröffentlicht. Auch von Medien, die einen gewissen Qualitätsanspruch deklarieren.

Da fragt man sich: Was soll das?

Vielleicht ist das alles nur ein Versuch, ein Türöffner. Irgendjemand wird es schon anklicken, die Produktion des Textleins kostet praktisch nichts. Die Rechnung geht dann auf, vielen Dank. Weitermachen. Die automatische Zusammenfassung von Artikeln passiere häufiger als den Leser:innen bewusst sei, heißt es bei Media Lab, solche verkürzten News kämen in Social-Media-Feeds oder in Newslettern zum Einsatz. Und der Laie fragt sich: Wer erstellt eigentlich die Nachrichtenblöcke (nicht Blogs) der Agenturen? Sind wir schon so weit?

Noch braucht es menschliche Kontrolle, damit die Schreibprogramme und KI-Journalisten nicht vollkommenen Blödsinn schreiben. Auch lebendige Darstellungen, gelungene Metaphern, starke Meinungen oder emotional ergreifende Texte kann man sich durch die KI noch nicht so richtig vorstellen. Aber irgendwann werden wir verschiedene Stile einstellen können. Wollen wir den Text in der Version Express oder FAZ, Kisch, Gertz oder Draxler – alles geht!

Aber noch nicht, noch nicht, noch nicht – die Zukunft, Mensch, Quatsch, Bayern München, Trainer, Flasche leer, was, was, was? Läuft.

Für diesen von der Redaktion geschriebenen Artikel wurde maschinelle Unterstützung genutzt.

Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.